Auflösung der Paradoxa

Fragen/Paradoxa und Auflösung der Paradoxa.

1. Religion. A.) Gott sagt, dass er Geist ist und dass wir seine Kinder sind. Nun sind die Kinder wie die Eltern. Dies müsste heißen, dass die Kinder Gottes auch Geist sind. Wenn wir nun, die wir Geist sind, uns selber nicht als Geist wahrnehmen, muss es eine Art Fehlwahrnehmung geben. B.) Wie kann der Geist etwas schaffen, das nicht ist wie er, das also nicht auch Geist ist?

Auflösung. Fehlwahrnehmen ist nichts anderes als träumen. Der Traum ist ein Produkt von Traumgedanken und daher eine Art Einbildung, die so verblüffend real erscheinen kann, als wäre sie wirklich. Der Geist träumt von Dingen, mit denen er sich so identifizieren kann, als wäre er mit ihnen identisch (Körper = Traumfigur oder Maske oder eine Art Kleidungsstück). Im Traum ist die Wirklichkeit (= Geistigkeit) verschleiert. Diese Wirklichkeit liegt, weil sie ja vorhanden ist, lediglich im Unsichtbaren (= jenseits des sinnlich Wahrnehmbaren, was wir Metaphysik nennen). Das Schaffensprodukt von Traumgedanken ist die Illusion (= das Nichtgeistige). Das Schaffensprodukt im Wachsein ist das Wirkliche (Geist).

2. Naturwissenschaft. A) Die Physik kann nicht sagen, ob die Welt der realen Zahlen (materielle Welt) oder die Welt der imaginären Zahlen (imaginäre Welt) real ist. B) Der Beobachter muss real sein, weil das, was denken kann, keine Imagination sein kann. Folglich muss es eine eindeutige Klärung der Frage in A) geben können.

Auflösung. Wir, die wir beobachten, sehen Illusionen und bilden uns ein, wir würden das, was wir erleben, wirklich erleben. Illusionen können so erscheinen, als wären sie real, was die Idee des Traums ist. Denn ein Traum muss uns vorgaukeln können, er wäre wirklich. Damit müssen wir unterscheiden zwischen unserer wahren Identität, die Geist heißt, und der falschen Identität, die Körper heißt (Körper = Traumfigur).

3.  Leben. A) Ein ehemaliger Freund von mir erzählte mir, dass er als Kind einmal seinen Eltern sagte, der sogenannte Traum – wenn also der Körper schläft – sei Wirklichkeit, wie die sogenannte Wirklichkeit – wenn also der Körper wach ist – Traum sei. Und, hatte dieser Freund damals wirklich Unrecht? Wenn wir in der Nacht z.B. einen Alptraum träumen, können wir schweißgebadet aufwachen, weil er uns ziemlich real erschien. Wer also kann uns wirklich sagen, was Traum ist und was Wirklichkeit? Diese Unentscheidbarkeit steht im Einklang mit der Aussage in 2. A). B)  Nicht selten kommen Sprüche wie: ‘Ich glaube, ich träume’ oder ‚Das kann doch nicht wahr sein’ oder ‚Du nimmst dies ganz falsch wahr’ oder ‚Du verstehst (das) nicht’ oder ‚Du bist ein Träumer/Illusionist’.  

Auflösung (in Schritten). Auf der einen Seite soll der Traum uns vorgaukeln, dass er wirklich sei. Auf der anderen Seite darf er niemals ein zweifelsfreies Gefühl hinterlassen, er wäre wirklich, weil er ansonsten niemals ausgeträumt werden könnte. Der Traum wäre per se ad absurdum geführt. Denn was soll ein Traum, wenn ein Aufwachen nicht mehr möglich wäre? Das nicht zweifelsfreie Gefühl wird durch die Aussage von 2.A) untermauert. Im Traum können wir das Gefühl haben, Realist zu sein und der andere der Träumer. Der sogenannte Träumer kann im Traum insofern Realist sein, dass er den Traum als solchen erkennt und die entsprechenden Schlüsse zieht, um aus dem Traum aufwachen zu können. Das Empfinden, dass der Traum real ist, kann dadurch verstärkt werden, dass innerhalb des Traums sowohl eine Art Wachzustand als auch eine Art Schlafzu­stand geschaffen wird. Dadurch, dass beide Zustände in zyklische Abfolge und in gegenseitige Abhängigkeit gebracht werden, wird der Eindruck vermittelt, dass sich Traumzustand und Wachzustand gegenseitig bedingen müssen. So denken wir z.B., dass wir den Schlaf brauchen, um uns erholen zu können und dass es nach einem Zustand der völligen Ausgeruhtheit an der Zeit ist, wieder aktiv zu werden. Schließlich müssen nach einer Anspannung die Entspannung und nach der Entspannung die Anspannung folgen. Aufgrund der gegenseitigen Bedingtheit müssen wir schlussfolgern, dass der Wachzustand nicht ohne Traum­zustand sein kann, wie der Traumzustand nicht ohne Wachzustand sein kann. Die Frage, ob die Existenz eines vollkommen unabhängigen Wachseins, das ohne Traum sein kann, dennoch zwingend ist, stellt sich hier dann nicht mehr. Oder doch noch?

Meine Logik sagt, dass der Traum nur dann einen Sinn macht, wenn es das Wachsein gibt und wenn dass Wachsein so etwas wie ein unzerstörbares Fundament ist. Ein Fundament, das für sich alleine stehen kann – also ohne Traum existieren kann. Gibt es ein solches Fundament, ist es im Traum lediglich verschleiert (= unsichtbar bzw. nicht wahrnehmbar). Dafür also, dass es ein solches Fundament gibt, müssen wir fordern, dass es außer dem Sichtbaren zugleich das Unsichtbare geben muss. Welche Indizien sprechen dafür?

  • Aussage in 2. A).
  • Aussage in 1. A), die durch die Aussagen östlicher Religionen untermauert wird.
  • Nichtlinearität des Universums (das Ganze ist größer als die Summe seiner Teile).
  • Quantenphysik, das Tor zur Metaphysik
  • Das Hervorgehen aus dem Einen (die Emanationen)
  • weitere Indizien werden in meinem Buch aufgeführt.    

Grundaussagen östlicher Religionen (siehe die fünf Weltreligionen, Helmuth von Glasenapp, Diederichs, 1996).

  • Die Welt außerhalb der Absolutheit ist nur eine Vorstel­lung. Leben und Tod sind Erscheinungen. Auch das Ich hat kein reales Sondersein. In WAHRHEIT existiert nur das allgegen­wärtige TAO.
  • Die Welt der vergänglichen, entstehenden und vergehenden Weltgesetze (Dharmas) kann als ein Trug, eine Luftspiegelung oder als ein Traum angesehen werden.

Die 5 Wahrheiten östlicher Religionen:

  1. Der Mensch ist wegen seiner natürlichen ‘Blindheit’, d.h. wegen der unzulänglichen      Beschaffenheit seines Erkenntnisvermögens, a priori außerstande, den tatsächlichen Sachverhalt zu erfassen.
  2. Der Mensch vermag wegen der Begrenztheit seiner Fähigkeiten immer nur einen Teil der ganzen  Wahrheit zu erkennen.
  3. Der Mensch kann das Transzendente immer nur nach Analogie seiner eigenen Erfahrungswelt  verdeutlichen und beschreiben.
  4. Der Mensch neigt dazu, das Einzelne fälschlich zu verallge­meinern, wodurch an und für sich Richtiges in eine falsche Perspektive gerückt wird und ein verzerrtes Bild des Ganzen entsteht.
  5. Der Mensch hält das, was er erkannt zu haben glaubt, für allgemeingültig. Er sieht deshalb alle anderen Meinungen als verkehrt an und strebt danach, seine eigenen Ansichten anderen aufzuzwingen, was erbitterte Kämpfe zur Folge hat.

Hinweis: Auch in der christlichen Bibel gibt es genügend Stellen, die auf einen Traum hindeuten.

  • Ps 39 (38),7: Nur als Schattenbild wandelt der Mensch einher, für nichts häuft er Schätze auf und weiß nicht, wer sie bekommt.
  • Kol 2,17: Dies sind ja nur Schatten dessen, was kommt; die wahre Gestalt aber ist CHRISTUS.
  • Eph 5,14: Darum heißt es: ‘Wach auf, der du schläfst, steh auf von den Toten, und als Licht wird dir erstrahlen CHRISTUS
  • Sir 34,3: Das Traumgesicht ist nur ein Spiegelbild, das Abbild eines Angesichts anstatt des Angesichtes selbst.
  • 1 Kor 13,12: … Noch sehen wir wie durch einen Spiegel – rätselhaft -; dann aber von Angesicht zu Angesicht.
  • Sir 40,7: Ist es soweit, dass er gerettet ist, dann wacht er auf und wundert sich ob seiner Furcht vor nichts.

Bereits anhand obiger Ausführungen können wir die notwendige Verbindung zwischen Naturwissenschaft und Religion erkennen. Allerdings muss die Naturwissenschaft die Existenz des Metaphysischen anerkennen und in ihren Theorien mit einbinden. Mit dieser Einbindung lösten sich, wie wir in den vorangegangenen Abschnitten gesehen haben, weitere Paradoxa auf. Z.B. konnten wir ersehen, dass das Paradox, dass die Dinge sowohl voneinander getrennt als auch miteinander verbunden sind, dadurch aufgelöst werden konnte. Wie also aus metaphysischer Sicht alle Dinge miteinander verbunden sind, können aus rein materialistischer Sicht die Dinge so erscheinen, als seien sie voneinander getrennt und würden dennoch wie von Geisterhand geführt werden. Mit der Einbindung des Metaphysischen braucht innerhalb der Planckzeit von 10-43 Sekunden der Energieerhaltungssatz nicht mehr verletzt sein. Ebenso kann jetzt auch hier die Kausalität gelten, womit wir die grundlegenden Gesetze der Physik überall und zu jeder Zeit als gesichert ansehen können. Die Forderung nach einer solchen Verletzung war nur unter der Annahme, das Metaphysische existiere nicht, notwendig. Oder anders ausgedrückt. Diese Forderung war unter dieser Annahme vollkommen richtig. Da aber die Annahme falsch ist, ist auch die Schlussfolgerung falsch.

–> Wer oder was sind wir?